Lehitrahot und ma’a as-salamah Jerusalem! До скорой встречи в Москве!

Fast vier Jahre im Heiligen Land sind vorbei, vier intensive, spannende und aufregende Jahre. Zeit, eine Bilanz zu ziehen, doch wo fangen wir an?

Unsere vielen Besucher in den vergangenen Jahren verstehen uns, wenn wir schreiben, dass eins ganz sicher ist: Die Sicht von außen auf dieses von Gewalt, Krieg und Konflikt zerrissene Stückchen Land im Nahen Osten will so gar nicht zusammenpassen mit den Erlebnissen und Eindrücken von vor Ort. Nur wer Land und Leute hier bereits erlebt hat, kann vielleicht nachvollziehen, wie positiv unsere Zeit hier war.

Dabei gibt es nichts zu beschönigen, die Lage ist dramatisch und unsere Sicht auf den israelisch-palästinensischen Konflikt ist nicht optimistischer geworden. Im Gegenteil. ‚Positiv‘ – damit meinen wir natürlich nicht die Hunderte von Menschen, die seit unserer Ankunft im August 2014 gewaltsam ums Leben kamen, all die israelischen Opfer von Messer-, Überfahr- oder Schusswaffen-Angriffen; und nicht die vielen Palästinenser, die ihr Leben oder ihre Gesundheit in Demonstrationen, Protesten oder bei Angriffen auf israelische Sicherheitskräfte oder Bürger verloren haben.

Einige professionelle Beobachter beschreiben die zurückliegenden vier Jahre als eine relativ ruhige Zeit. Das stimmt wahrscheinlich sogar, wenn wir isralisch-palästinensische Maßstäbe anlegen. Während dieser „Phase der Ruhe“ haben Heike und ich einen brutalen Krieg zwischen der den Gazastreifen regierenden Hamas und Israel erlebt, es gab Hunderte Attacken, darunter ein blutiges Macheten-Massaker, verübt von Palästinensern, unter betenden Juden in einer Jerusalemer Synagoge; wir wurden Zeugen eines Brandanschlags von national-religiösen Juden auf das Haus einer palästinensischen Familie im Westjordanland – nur ein Kleinkind überlebte; wir erlebten die tödlichen Schüsse eines jungen israelischen Soldaten auf einen bereits niedergeschossenen und hilflosen palästinensischen Messerangreifer in Hebron – ein Fall, dessen mediale und juristische Aufarbeitung die Zerrissenheit der israelischen Gesellschaft zeigte. Diese Liste ist bei weitem nicht vollständig, und der blutige Montag am 70. Jahrestag (14. Mai) der Staatsgründung Israels, an dem 60 Palästinenser im Gazastreifen von der Armee erschossen wurden, während im nur rund 100 Kilometer entfernten Jerusalem Israelis und Amerikaner die Eröffnung der US-Botschaft feierten, markierte wohl nur einen vorläufigen traurigen Höhepunkt. Kaum jemand irgendwo auf der Welt würde sich angesichts solcher Ereignisse trauen, von ruhigen Zeiten zu sprechen. 

Es gibt diese Gleichzeitigkeit des brutalen Konflikts zwischen Juden und Arabern in Israel und den Palästinensergebieten, und den unfassbar schönen Seiten des Lebens hier. ‚Positiv’ meint etwas, was das oben Geschilderte nicht weniger dramatisch und grausam erscheinen lässt, das aber immer da ist: Die sagenhafte Gastfreundschaft auf beiden Seiten des Zauns, die wir erleben durften. Die atemberaubenden Landschaften. Die Offenheit und Vielfalt der Menschen, ihre gegenseitige Toleranz – uns erscheint etwa eine rassistisch-spießige „Burka“-Diskussion, wie sie immer wieder in Europa aufkommt, in Israel fast undenkbar zu sein. Wir sind dankbar für die warmherzige Neugierde und Anteilnahme der Menschen, egal ob in Tel Aviv oder in Hebron. Die überwältigende Freundlichkeit der Menschen in Gaza, die unter Bedingungen leben, die schlicht unakzeptabel sind, ist unvergesslich. Ebenso wie das verblüffte, gleichwohl freundliche Gesicht eines arabischen Schlachters in Bethlehem, bei dem ich frisches Fleisch für unseren Hund kaufen wollte – ich denke, mehr Toleranz darf ein verrückter Deutscher nicht erwarten. 

Diese Liste ist natürlich ebenfalls nicht vollständig, aber erwähnt werden müssen noch die vielen kulinarischen Erlebnisse: Sei es die bodenständige, ländliche Küche irgendwo im Westjordanland, sei es – ohne jede Übertreibung – die besten gegrillten Fische, die ich jemals gegessen habe, und zwar in Gaza; oder sei es eines der zahlreichen, raffinierten Gerichte, die die israelischen Köche in den guten, über das ganze Land verteilten Restaurants, servieren.

Es war eine großartige, manchmal bedrückende, aber immer  beeindruckende Zeit, für die wir dankbar sind.

Nun sind wir gespannt auf Moskau – wir werden berichten!

Heike und Carsten

15 Gedanken zu „Lehitrahot und ma’a as-salamah Jerusalem! До скорой встречи в Москве!“

  1. Liebe Heike, lieber Carsten,
    dank euch lernten wir Land und Leute auf ganz besondere Weise kennen. Dank euch waren wir oft ziemlich gut im Bilde über die Geschehnisse in Israel. Dank euch und mit euch haben wir wunderbare, besondere, eindrucksvolle, aufregende und frohe Tage in Israel verbracht. Eure herzliche, großzügige und zugewandte Gastfreundschaft ist legendär. Dafür und für eure Freundschaft auch an dieser Stelle ein großes dickes Dankeschön von Tita

  2. Hallo ihr beiden,
    das Abschied nehmen nimmt ja erst langsam ein Ende, wahrscheinlich ein bisschen mehr, wenn die Begrüßung in Moskau beginnt.
    Wir waren zwei Mal bei euch und wenn wir zu Hause unsere Eindrücke geschildert haben, stand immer an erster Stelle die Schilderung darüber, wie wir als Touristen das Zusammenleben der Menschen in Isreal erlebt haben: geprägt von einem Miteinander. An zweiter Stelle kam die Gastfreundschaft, die wir erleben durften, besonders beim Besuch in Hebron und anschließend.
    Eine andere Gastfreundschaft gehört allerdings an die erste Stelle. Hoffentlich können wir euch wenigstens mal einen Teil davon zurückgeben, sei es in Hannover oder Torrazza . Und hoffentlich waren wir so gute Gäste wie ihr Gastgeber wart.
    Vielen Dank noch mal und auf ein Wiedersehen wo auch immer und hoffentlich in Moskau.
    Lothar

  3. Liebe Heike, lieber Carsten, begreifen kann ich es nicht, das die Zeit in Israel vorbei ist, obwohl es nun doch viel mehr als drei Jahre geworden sind. Es ist nun einmal die Tatsache! Die Kommentare an euch sind nicht zu toppen, da kann man sich nur anschließen. Wir wären gerne auch noch ein drittes mal nach Israel gekommen, leider sollte es nicht sein. Die schönen Erinnerungen bleiben ja, das ist auch sehr schön. Nun können wir z. Zt. nur eine interessante, aber auch schöne Zeit in Moskau und Russland wünschen. Viel Glück bei der Wohnungssuche. Mama und Papa, Waltraud und Manfred

    1. Ganz ganz lieben Dank euch für diese herzlichen Worte und Wünsche. Es war schön, dass ihr uns hier zweimal besuchen konntet und wir so viel gemeinsam unternehmen konnten. Auch dafür ein dickes Dankeschön!

  4. Liebe Heike, lieber Carsten,
    danke für eure Berichte und danke für eure immens große Gastfreundschaft in diesem spannenden Land.
    Es war sehr schön, dass wir euch dort besuchen konnten und so fühle ich auch eine gewisse Trauer, dass wir euch nicht nochmal in Jerusalem treffen können.
    Ich hoffe, auf ein Wiedersehen in Berlin oder Moskau!
    Liebe Grüße
    Thea

  5. Ich glaube, ich habe es schon häufig zu euch gesagt, dass mir noch nie ein Land so ans Herz gewachsen ist, wie Israel. Die Zeit dort habe ich immer sehr genossen und eure tolle Begleitung bei unseren Besuchen, hat uns Land und Leute noch näher gebracht. Dafür noch einmal ein „Herzliches Dankeschön“.
    Die unglaubliche Schönheit dieses Landes, die Freundlichkeit der Leute, das Treiben in der Altstadt, das leckere Essen…, alles Eindrücke die unvergesslich sein werden.
    Aber natürlich sind wir nun auch auf Moskau gespannt und freuen uns auf den ersten Besuch dort.

  6. Liebe Heike, lieber Carsten,
    habt Dank für die vielen Schilderungen Eurer Eindrücke – sie waren stets äußerst lesenswert.
    Wir wünschen Euch eine mindestens ebenso interessante Zeit in Moskau, auf jeden Fall aber hoffentlich friedlicher.
    Sind schon ganz gespannt auf die ersten Erlebnisberichte aus RU – zum Glück beginnt der russische Winter ja erst in einigen Wochen…:-).
    ALLES GUTE für Euch und hoffentlich auch mal ein Wiedersehen in Berlin!
    Christian + Familie

  7. Ihr Lieben,

    danke für diesen Rückblick und Abschied. Dies zu lesen löst geradezu Wehmut aus, können wir doch manches gut nachvollziehen, Eurer Gastfreundschaft sei gedankt! Die Tage bei Euch und Eure Begleitung beim ersten Erkunden von Land und Leuten bleiben unvergessen.

    Wir wünschen Euch einen ebenso aufregenden wie spannenden Start in der nächsten Heimat.

    Auf Wiedersehen sagt mit herzlichem Gruß
    Euer Holger

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