„Sorry, I can’t speak hebrew“…..

……dieser Satz ist, davon bin ich inzwischen überzeugt, der von Carsten und mir meistgesprochene Satz, seitdem wir in Jerusalem sind. Das soll sich nun ändern: Wir haben jetzt jeweils einen Online-Kurs Hebrew belegt (Dauer: 30 Stunden, 1 mal wöchentlich) und zwei Stunden haben wir schon hinter uns. Meine Befürchtung nach diesen zwei Stunden ist allerdings, dass wir noch eine ganze Weile den Satz aus dem Titel werden wiederholen müssen.

Hebräisch lernen ist ganz schön schwierig und kompliziert auf den ersten Eindruck: es sind nicht nur die für uns komplett neuen Buchstaben, die in der gedruckten und handgeschriebenen Form  jeweils  völlig unterschiedlich aussehen; hinzu kommt ja dann noch das Vokabellernen, wie in jeder anderen Sprache auch. Bisher haben wir sechs Buchstaben gelernt (von 22) und wir versuchen nun,  mit Hilfe der Tafel im Wohnzimmer, diese mühsam in unsere auch nicht jünger werdenden Gehirne zu transferieren.

Und natürlich passiert es auch, dass wir in manchen Zusammenhängen sagen müssen: „Sorry, I can’t speak arab“ – aber diesen Zustand werde ich frühestens in einem Jahr versuchen, ansatzweise zu ändern…..

Und sonst – unser Alltag in den letzten beiden Wochen: abseits vom fast tagtäglichen politisch-religiösem Wahnsinn haben wir am Samstag einen wunderschönen Ausflug in ein christliches Dorf in der Westbank gemacht: Taybeh. Dort wird das einzige palästinensische Bier nach dem deutschen Reinheitsgebot gebraut und jetzt ganz neu, hat die Brauerei  noch eine Winzerei eröffnet. Wir konnten sechs Flaschen des ersten Weines aus dem letzten Jahr kaufen und hatten dort eine wunderbare kleine Einführung und private Weinprobe.  Ein Hinweis für unsere zukünftigen Besucher: dieser Ausflug lohnt sich auf jeden Fall. Hier zwei Schnappschüsse von der Fahrt nach Taybeh:

IMG_1920 IMG_1915

 

 

Traumhafte Blicke

 

und

 

für uns ungewohnte Dorfdurchfahrten.

 

 

Und noch mehr Alltag:  wir haben letzten Mittwoch unsere ersten israelischen Gäste  in unserer Wohnung bekocht: Robert mit seiner Frau Carin, der Makler, der uns bei der Wohnungssuche hier so wunderbar geholfen hat.

Das war sozusagen unser erster Versuch eines Essens kosher-light:-) – um die Hauptregeln für ein koscheres Essen auch nur annähernd einzuhalten, haben wir kein Fleisch zubereitet, denn dann hätten wir nichts mit Milch, Sahne oder Käse dazu reichen dürfen. Also ab auf den Mahane Jehuda, den großen zentralen Markt in West-Jerusalem und koscheren Fisch kaufen und allerlei dazu:

IMG_1943IMG_1941

 

Der Mahane Jehuda ist wirklich ein Erlebnis – immer wieder neu, wenn wir dort sind!

 

 

 

 

 

 

Der Abend wurde dann lecker, kurzweilig und sehr interessant!

IMG_1944

 

 

Warten auf Gäste:-)

 

 

 

Noch eine kleine Anmerkung zum Wetter und der Vegetation im November: Nachdem es nun auch hier an drei bis vier Tagen geregnet hat (seit April) hat sich einiges in der Stadtnatur getan. Es gibt immer noch wunderschön blühende Sträucher, aber auf einmal spriesst das Gras in den Parks, die noch vor zwei Wochen völlig ausgedörrt waren und es kommen Blumen aus der Erde, die ich bei uns nur aus dem Frühjahr kenne .

IMG_1932IMG_1954

 

 

 

 

 

Heute morgen schien übrigens wieder die Sonne und es war angenehm mild bei meiner morgendlichen Runde durch einen Park mit ToniIMG_1946:

 

 

 

 

Eigentlich wollte ich an dieser Stelle jetzt  noch etwas zu Hunden, Hupen und sehr skurrilen Vorschriften schreiben – aber ich muss mal langsam meinen Koffer packen für eine Woche Berlin und Hannover:-).  Diese Themen sind auch in zwei oder drei Wochen  noch aktuell!

Shalom, salemaleikum und tschö, Heike

 

 

Alltag in Jerusalem?!

Nun sind wir drei Monate in Israel, in Jerusalem!

In den ersten drei Wochen, als wir ankamen, gab es noch den Gazakrieg. Dann gab es einen Waffenstillstand und wir fingen an, uns einzuleben: jeden Tag entdeckten wir Neues und Spannendes (so ist es heute auch noch); so Vieles war und ist ungewohnt und ganz anders als in Deutschland. Dann kamen die ersten lieben Besuche aus Berlin und Köln – also immer noch eine nicht wirklich alltägliche Situation.

Seit gut einer Woche sind Carsten und ich jetzt erst einmal wieder alleine hier in unserer Wohnung und wir haben beide gut zu tun; wir haben uns prima eingelebt und entwickeln ein Gefühl von: „Wir sind hier in diesem Land angekommen“ – also der Start in unseren Alltag hier in Jerusalem: mit Ausflügen am Wochenende und unseren Jobs in der Woche.

Wueste 9 1 (1)_2

 

Hier ein Strand mit Blick auf die Skyline von Tel Aviv.

 

Wueste 9 6_2

Und direkt neben dem Strand ein Blick auf eine Iron-Dome-Anlage.

 

Wueste 9 1_2

Dieses Bild ist entstanden auf einer wunderschönen Wanderung mit Hella, Linn, Paula und Jens

 

Und jeden Tag aufs Neue stelle ich mir seitdem die Frage (und ich habe keine wirkliche Antwort darauf):  ist dies der Alltag in Jerusalem oder ist es gerade (mal wieder) eine besonders fragile und schwierige Situation?

Gehe ich hier durch unseren „Kiez“, sehe ich Menschen beim Einkaufen, Zeitung lesen im Park und Kaffee trinken in einem der zahlreichen Straßencafés. Meist scheint die Sonne und es wirkt alles sehr entspannt.

Aber über uns kreisen seit fast zwei Wochen immer wieder die Polizeihubschrauber; in der „Ferne“ hören wir oft Schüsse und Knallereien und ständig die Polizeisirenen. Freitags gibt es regelmäßig Auseinandersetzungen zwischen palästinensischen Demonstranten und der israelischen Polizei. Diese Bilder hat Carsten am vorletzten Freitag aufgenommen.Wueste 9 6 (1)_2Wueste 9 10_2Wueste 9 5 (1)_2

 

 

Sie sind in einem Stadteil in Ostjerusalem entstanden, während ich mit unseren Freunden, die noch zu Besuch waren, auf der anderen Seite der Altstadt stand. Die Rauchschwaden waren dort „gut“ zu sehen.

 

 

Die Polizei setzt regelmäßig Tränengas ein.

Wueste 9 14_2

 

 

 

 

Weil die israelische Polizei Männern muslimischen Glaubens, die jünger als 50 Jahre sind, den Zugang zum Tempelberg verwehrt, beten diese regelmäßig freitags auf den Straßen:

Wueste 9 3 (2)_2Wueste 9 2 (2)_2

 

Hier in einem Stadteil direkt am Ölberg. Im Hintergrund könnt ihr den Felsendom sehen.

 

Rundherum gab es  auch an diesem Freitag heftige Straßenkämpfe.

 

Luftlinie circa 400 Meter von unserer Wohnung  entfernt wurde dann letzte Woche ein rechter jüdischer Aktivist angeschossen; der Attentäter daraufhin von der Polizei erschossen. Der Tempelberg wurde am Morgen danach zum ersten Mal seit 14 Jahren für einige Stunden geschlossen. Als Reaktion auf diese Schließung beteten zahlreiche Muslime auf der Straße

Die weiteren Fakten kennt ihr sicherlich aus den Nachrichten: ein zweiter Anschlag innerhalb weniger Tage auf Passanten durch einen Autofahrer gestern; ein toter Passant und ein toter Attentäter, viele Schwerverletzte  – Alltag? Ich weiß es nicht und ich hoffe es nicht.

Es ist für mich zum Teil sehr unwirklich: ich höre die Geräusche der Auseinandersetzungen; aus der Ferne kann ich sie auch sehen, denn fast alle Brennpunkte sind von unserer Wohnung zu Fuß zu erreichen und das unmittelbare Leben um mich herum wirkt völlig normal. Bitte versteht meinen Bericht nicht falsch: ich will überhaupt nicht lammentieren und ich persönlich habe auch keine Angst um uns – dort wo wir wohnen und arbeiten scheint alles sehr sicher zu sein – aber es  ist so verflixt schwer zu begreifen, was sich hier in diesem Konflikt abspielt – immer und immer wieder. Eine Kollegin von Carsten sagte neulich „Aber das ist doch hier schon seit zweitausend Jahren so……“

Und trotz der aktuellen Situation finde ich es gut, dass wir hier sind und freue mich auf die  weitere Zeit hier!

Ach, und dann gibt es im Alltag natürlich auch noch das Wetter: Am 31. Oktober haben wir den ersten Regen in Jerusalem erlebt, seitdem wir hier sind – und das gleich richtig:Regen

 

 

 

 

 

Aber die Aussichten für die kommenden Tage sind nicht wirklich schlimm;) wettervorschau

 

 

 

 

 

In diesem Sinne: shalom, salemaleikum und tschö, bis zum nächsten Bericht, herzlich Heike

PS. Ich hoffe, alle Bilder sind sichtbar und stehen gleich da, wo sie stehen sollen – falls nicht, schicke ich wieder Aktualisierungen. Das Programm hinter dem Blog und ich sind immer noch keine dicken Freunde – verzeiht;)