So werden wir seit Mittwoch gegrüßt hier in Jerusalem, denn am Mittwoch Abend begann Rosh Hashana, das jüdische Fest zum Jahrebeginn am Donnerstag und Freitag.
Falls Ihr jetzt denken solltet, dass es Mittwoch Nacht bei wunderbaren Temeperaturen um 25 Grad ganz laut und fröhlich und trubelig auf den Straßen war: weit gefehlt.
Das jüdische Neujahrsfest ist ein Fest der Familie und der Freunde und findet Mittwoch Abend in den Wohnungen statt und Donnerstag dann in den Synagogen, an der Klagemauer und wiederrum zu Hause. Um Mitternacht hatten wir ein wenig das Gefühl, dass es noch ruhiger war als sonst am Shabbat – absolute Stille um uns herum. Und vorher sahen wir auf den Straßen viele Familien, alle sehr festlich gekleidet und mit Tabletts voll mit Essen auf dem Weg zu anderen Familien.
Hier seht ihr jüdische Orthodoxe in der Altstadt auf dem Weg zurKlagemauer.
Im Westteil Jerusalems wirkte das jüdische Leben auf uns sehr ähnlich wie am Shabbat, nur dass am Tag viele Orthodoxe weiße Tücher oder lange weiße Hemden über ihren Anzügen trugen – als ein Zeichen der Reinheit. Und jetzt leben wir nach jüdischem Glauben in den „zehn Tagen der Reue und Umkehr“, die dann nächsten Samstag mit dem Jom Kippur Fest, dem höchsten jüdischen Feiertag ihren Abschluss und Höhepunkt erleben – aber dazu vielleicht beim nächsten Bericht mehr. Wenn euch die Bräuche von Rosh Hashana näher interessieren: im großen weiten Netz gibt es jede Menge Literautur dazu:).
Carsten und ich verbrachten diesen Feiertag der Juden und den Vorabend allerdings ganz anders als die gläubigen Juden: Mittwoch Abend unternahmen wir einen langen Spaziergang in Westjerusalem, um Eindrücke rund um das Fest auf uns wirken zu lassen – aber wie gesagt, es findet eher in den Häusern statt und somit haben wir dann auch eher weniger mitbekommen. Am Donnerstag stand dann auf unserem Plan ein Kontrastprogramm zu Rosh Hashana: ein palästinensischer Kameramann von Reuters, der selber in Ost-Jerusalem wohnt, also im arabischen Teil der Stadt, zeigte uns deren Viertel inklusive eines Spaziergangs durch den muslimischen Teil der Altstadt.
Dieser Spaziergang hat mich so nachhaltig beschäftigt und beeindruckt, dass er mich noch bis in meine Träume nachts begleitet hat: so viele Geschichten, die so schwer zu verstehen sind, so viele Widersprüche, so viel Absurdes, so viel Unbegreifliches. Ich will und wage es auch gar nicht, über dies alles ein Urteil abzugeben – aber es ist alles so schwer zu verstehen und es führt mir immer mehr diese ganz besonders schwierige Situation der Stadt Jerusalem vor Augen. Ich zeige euch hier mal ein paar Bilder, die wir gemacht haben an dem Tag; vielleicht erklären diese ein wenig meine Verwirrung.
Hier die wunderschönen Parks und Anlagen:
Die Vatikan-Vertretung direkt an der Altstadt
Vor dem Jaffator in Westjerusalem
Ein Blick ins jüdische Viertel in der Altstadt
Und dann im Ostteil kaputte Straßen und Müll, der nur sehr unregelmäßig von der Stadtreinigung abgeholt wird. Siedlerhäuser, die wie Trutzburgen wirken: für die meisten dort wohnenden Palästineneser eine Provokation; für die Siedler ein abgeschirmtes und kamera-beschütztes Leben hinter hohen Mauern und Stacheldraht.
Ein Siedlerhaus in Ostjerusalem
Die Kameras sind allgegenwärtig
Und ein Auto, mit dem Siedler durch Ostjerusalem fahren, um sich zu schützen (achtet auf die Frontscheibe!)
und unterhalb des einen Siedlerhauses ein von den Israelis abgerissenes Haus von Palästinensern, weil hier ein Park entstehen soll.
Es ist wirklich schwierig!!!!
Das zweite Siedlerhaus im arabischen Teil der Altstadt hat übrigens Herr Scharon, der ehemalige Ministerpräsident, für viele Millionen Dollar gekauft:
Direkt zu Füßen dieses Hauses dann das arabische Leben in der Altstadt kurz vor dem Zugang zum Felsendom:
Und immer präsent: die israelische Polizei.
Unsere Führung durch Jerusalem aus palästinenischer Sicht endete dann mit einem wunderbaren Essen in einem Restaurant in der Altstadt, was dem Bruder des Kameramanns gehört:-) – lecker wars und trotz aller Irritationen: Spaß hat uns der Spaziergang auch gemacht:
Und um diesen zweiten Beitrag zu komplementieren und die mögliche Verwirrung auch bei euch noch zu erhöhen, zeige ich euch noch drei Bilder, die letzte Woche im Gazastreifen entstanden sind:
Ruinen eines Hauses in Gazastadt
Hier suchen immer noch Menschen nach ihren Habseligkeiten
Und nur drei Kilometer weiter am Meer in Gaza dann ein wunderbares Fischessen mit den Kameraleuten.
Gestern und vorgestern haben wir wunderschöne Wanderungen in den judäischen Bergen unternommen, direkt bei Jerusalem in Zentralisrael:
Es war heiß, in der Sonne circa 50 Grad,
auch unser Berg- und Wüstenhund….
….suchte den Schatten
zum Glück haben wir uns nicht verlaufen
sondern einen phantastischen, wenn auch etwas diesigen, Blick auf Jerusalem werfen können.
Heiß und ganz schön anstrengend war’s,
aber auch richtig schön:-)
Jetzt hoffe ich nur, dass die Bilder auch auf dem Ipad nicht mehr auf dem Kopf stehen und dass dieser Bilderbericht euch einen weiteren Eindruck vermittelt und gefällt. Und versprochen: beim dritten Bericht versuche ich mich dann auch mal mit den Layoutmöglichkeiten auseinanderzusetzen;)!
Bis zum nächsten Bericht aus unserer „Zwischenheimat“ grüße ich euch Alle ganz herzlich – morgen kommt Kolja, darauf freuen Carsten und ich uns sehr; ich werde von unseren Ausflügen wohl berichten, mal sehen;)…..
Und Ihr wisst ja: Fragen und Anmerkungen sind immer willkommen!
Shalom und Salamalaikum, eure Heike