Lehitrahot und ma’a as-salamah Jerusalem! До скорой встречи в Москве!

Fast vier Jahre im Heiligen Land sind vorbei, vier intensive, spannende und aufregende Jahre. Zeit, eine Bilanz zu ziehen, doch wo fangen wir an?

Unsere vielen Besucher in den vergangenen Jahren verstehen uns, wenn wir schreiben, dass eins ganz sicher ist: Die Sicht von außen auf dieses von Gewalt, Krieg und Konflikt zerrissene Stückchen Land im Nahen Osten will so gar nicht zusammenpassen mit den Erlebnissen und Eindrücken von vor Ort. Nur wer Land und Leute hier bereits erlebt hat, kann vielleicht nachvollziehen, wie positiv unsere Zeit hier war.

Dabei gibt es nichts zu beschönigen, die Lage ist dramatisch und unsere Sicht auf den israelisch-palästinensischen Konflikt ist nicht optimistischer geworden. Im Gegenteil. ‚Positiv‘ – damit meinen wir natürlich nicht die Hunderte von Menschen, die seit unserer Ankunft im August 2014 gewaltsam ums Leben kamen, all die israelischen Opfer von Messer-, Überfahr- oder Schusswaffen-Angriffen; und nicht die vielen Palästinenser, die ihr Leben oder ihre Gesundheit in Demonstrationen, Protesten oder bei Angriffen auf israelische Sicherheitskräfte oder Bürger verloren haben.

Einige professionelle Beobachter beschreiben die zurückliegenden vier Jahre als eine relativ ruhige Zeit. Das stimmt wahrscheinlich sogar, wenn wir isralisch-palästinensische Maßstäbe anlegen. Während dieser „Phase der Ruhe“ haben Heike und ich einen brutalen Krieg zwischen der den Gazastreifen regierenden Hamas und Israel erlebt, es gab Hunderte Attacken, darunter ein blutiges Macheten-Massaker, verübt von Palästinensern, unter betenden Juden in einer Jerusalemer Synagoge; wir wurden Zeugen eines Brandanschlags von national-religiösen Juden auf das Haus einer palästinensischen Familie im Westjordanland – nur ein Kleinkind überlebte; wir erlebten die tödlichen Schüsse eines jungen israelischen Soldaten auf einen bereits niedergeschossenen und hilflosen palästinensischen Messerangreifer in Hebron – ein Fall, dessen mediale und juristische Aufarbeitung die Zerrissenheit der israelischen Gesellschaft zeigte. Diese Liste ist bei weitem nicht vollständig, und der blutige Montag am 70. Jahrestag (14. Mai) der Staatsgründung Israels, an dem 60 Palästinenser im Gazastreifen von der Armee erschossen wurden, während im nur rund 100 Kilometer entfernten Jerusalem Israelis und Amerikaner die Eröffnung der US-Botschaft feierten, markierte wohl nur einen vorläufigen traurigen Höhepunkt. Kaum jemand irgendwo auf der Welt würde sich angesichts solcher Ereignisse trauen, von ruhigen Zeiten zu sprechen. 

Es gibt diese Gleichzeitigkeit des brutalen Konflikts zwischen Juden und Arabern in Israel und den Palästinensergebieten, und den unfassbar schönen Seiten des Lebens hier. ‚Positiv’ meint etwas, was das oben Geschilderte nicht weniger dramatisch und grausam erscheinen lässt, das aber immer da ist: Die sagenhafte Gastfreundschaft auf beiden Seiten des Zauns, die wir erleben durften. Die atemberaubenden Landschaften. Die Offenheit und Vielfalt der Menschen, ihre gegenseitige Toleranz – uns erscheint etwa eine rassistisch-spießige „Burka“-Diskussion, wie sie immer wieder in Europa aufkommt, in Israel fast undenkbar zu sein. Wir sind dankbar für die warmherzige Neugierde und Anteilnahme der Menschen, egal ob in Tel Aviv oder in Hebron. Die überwältigende Freundlichkeit der Menschen in Gaza, die unter Bedingungen leben, die schlicht unakzeptabel sind, ist unvergesslich. Ebenso wie das verblüffte, gleichwohl freundliche Gesicht eines arabischen Schlachters in Bethlehem, bei dem ich frisches Fleisch für unseren Hund kaufen wollte – ich denke, mehr Toleranz darf ein verrückter Deutscher nicht erwarten. 

Diese Liste ist natürlich ebenfalls nicht vollständig, aber erwähnt werden müssen noch die vielen kulinarischen Erlebnisse: Sei es die bodenständige, ländliche Küche irgendwo im Westjordanland, sei es – ohne jede Übertreibung – die besten gegrillten Fische, die ich jemals gegessen habe, und zwar in Gaza; oder sei es eines der zahlreichen, raffinierten Gerichte, die die israelischen Köche in den guten, über das ganze Land verteilten Restaurants, servieren.

Es war eine großartige, manchmal bedrückende, aber immer  beeindruckende Zeit, für die wir dankbar sind.

Nun sind wir gespannt auf Moskau – wir werden berichten!

Heike und Carsten

Drei Jahre Heiliges Land: Ein Rückblick in Bildern

 

Hallo zusammen,

vor genau drei Jahren sind wir nach Jerusalem gezogen. Einerseits eine lange Zeit und andererseits ging sie so unglaublich schnell vorbei.

Heute möchten wir euch einen kleinen Jubiläumspost schicken: Drei Jahre Heike und Carsten in Jerusalem.

Überlegt haben wir uns, euch von jedem Monat unseres Aufenthaltes ein Foto zu zeigen – das kann das schönste Foto, der spannendste Ort, das beeindruckendste Ereignis des Monats sein oder einfach nur ein toller oder irritierender Moment.

Eine kleine Begründung für die 36  ausgewählten Fotos liefern wir jeweils in den Bildern, wenn ihr auf sie klickt. Wenn ihr die Galerieansicht bevorzugt,  klickt bitte HIER.

Und jetzt, wenn ihr mögt, lasst 36 Monate von uns in Jerusalem, in Israel und im Westjordanland an euch vorüberziehen.

Viel Spaß dabei!

 

Die Idee, unsere vergangenen drei Jahre monatsweise chronologisch in Bildern zu präsentieren, war schwerer getan als gedacht: Wir saßen vor mehreren tausend Bildern, um 36 auszuwählen. Dabei sind natürlich viele besuchte Orte und viele Situationen nicht dabei. Städte wie Nablus, Haifa, kleine Kibbuze und arabische Dörfer sowie Eilat am Roten Meer fehlen zum Beispiel; Erlebnisse an Checkpoints, religiösen Orten sowie viele Begegnungen mit den Menschen hier, von denen wir sehr wohl Fotos haben, fehlen ebenfalls. Zum Teil hatten wir sie euch in den anderen Blogbeiträgen gezeigt.

Dass allerdings unser toller Hund nicht gezeigt wird, geht natürlich gar nicht. Toni ist fast immer dabei

Toni

Schalom, salam und tschö.

Bis zum nächsten Mal

Heike und Carsten

Kurztripp über Amman nach Kairo

Hier kommt ein neuer kleiner Blog-Beitrag,  geschrieben in Jerusalem. Und das wird übrigens auch noch eine Weile so bleiben, denn nun ist es sicher, dass wir bis zum Juni 2018 hierbleiben werden – noch ein paar weitere Monate mehr Zeit, den Nahen Osten in und um Israel und das Westjordanland zu erkunden.

Dieses Mal ist es eine kleine Fotoreportage von unserer Reise nach Kairo vor zwei Wochen. Viel Spaß beim Lesen und Anschauen der Bilder wünschen euch Heike und Carsten

Shalom, Salam und tschö

Eindrücke aus Amman

Es gibt Flugverbindungen von Tel Aviv nach Kairo, preisgünstiger und aufregender ist indes der Weg über Jordanien. Wir fuhren mit dem Taxi bis zur Grenze bei Jericho, verbrachten eine Nacht in Amman und flogen dann am nächsten Tag von dort aus nach Kairo.

Kairo: Stadtansichten

Eine Stadt der Superlative: die größte Metropole der arabischen Welt. Wie groß genau, weiß keiner so genau, aber die Schätzungen gehen von 22 bis 25 Millionen Menschen aus. Mehrere hundert Moscheen gibt es hier, neben den muslimischen auch koptische, christliche und ein jüdisches Viertel, unzählige Basare,  Museen und Sehenswürdigkeiten.  Drei Tage und ungefähr 35 Kilometer zu Fuß  plus diverser Taxikilometer durch die Stadt reichen nicht aus, um diese riesige Stadt intensiv zu erkunden und zu verstehen. Aber für einen ersten Eindruck reichte die Zeit auf jeden Fall – Kairo, das  ist Trubel, Hektik, Chaos, Schönheit, Anmut, Armut, Verkehrskollaps und Abgasgestank, Abenteuer; eine Stadt für alle Sinne und eine Stadt, in die wir sicherlich  wiederkehren werden.

Kairo: Menschen in der Megacity

Kairo ist das Zuhause unvorstellbar vieler Menschen. Das Gefälle zwischen Reichtum und Armut in dieser kontrastreichen Stadt ist groß. Die Blicke, die uns abseits der Touristenströme trafen, waren meist freundlich und aufgeschlossen, manchmal aber auch skeptisch und verhalten. Es ist keine Übertreibung: es war jede Sekunde unglaublich spannend und faszinierend, die Menschen auf den Straßen zu sehen und zu erleben.

Besuch im ägyptischen Museum

Selbst wenn jemand wie wir kein Fan uralter Steine und Skulpturen ist, beeindruckt das weltweit größte Museum für alt-ägyptische Kunst. Es hat wirklich Spaß gemacht.

Am Rand von Kairo: Die Pyramiden von Gizeh

Wie man sie aus Büchern und Filmen kennt: schön, alt, groß und beeindruckend. Genervt hat nur das aufdringliche Geschäftsgebaren der Fremdenführer…

PS:

Last but not least noch der Hinweis auf einen gut geschriebenen Bericht  über Nablus im Westjordanland. Die Seife, von der dort die Rede ist, haben viele von Euch hier bei uns schon benutzt:-) – wirklich ein lesenswerter Artikel:

http://www.faz.net/aktuell/stil/leib-seele/seifenproduktion-nach-alter-tradition-in-nablus-14690472.html

Und dann noch einen Tipp für alle, die sich mit der politischen Situation bei uns beschäftigen und dabei auf spannende Weise unterhalten werden möchten: der Thriller FAUDA, eine israelische Produktion, die auch in Deutschland auf Netflix als kleine Serie läuft: brisant, spannend, hochaktuell:

http://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.neu-auf-netflix-fauda-so-packend-ist-das-israelische-homeland.87ebc322-93dd-4913-8f0c-0efa3c925d4d.html

Ein Besuch in Hebron – beeindruckend, schön und beklemmend

Am letzten Sonntag im Oktober haben wir es endlich geschafft: Carsten und ich haben zusammen mit dem palästinensischen Reuters-Kameramann aus Ramallah, Hamuda, und dem Kameramann aus Hebron, Yusri,   Hebron, die größte Stadt im Westjordanland mit über 200.000 Einwohnern, besucht.

Vorgenommen hatten wir uns dies schon ganz lange; Carsten war schon dreimal vorher jobmäßig mit seinen Kameraleuten dort unterwegs und es war schon ab seinem ersten Aufenthalt dort für mich klar: diese Stadt möchte ich auch besuchen.

Aber es war nach Carstens Eindrücken dort auch klar, dass wir dies nicht alleine machen wollen, sondern in Begleitung eines Palästinensers, der sich dort gut auskennt – Hamuda und Yusri waren also perfekt.

Warum wir nicht alleine nach Hebron fahren wollten: Hebron ist wie keine andere Stadt ein Brennpunkt im Westjordanland. Nirgendwo sonst treffen palästinensische und jüdische Ansprüche auf dieses Stück Land so dicht aufeinander wie hier. Nirgendwo sonst gibt es so viele gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen jüdischen Siedlern und Palästinensern wie hier.

Ich will jetzt hier keine lange Abhandlung über die Geschichte Hebrons schreiben – wer in die Historie der Stadt und deren besonderer Situation tiefer einsteigen will, findet dazu im weltweiten Netz viele Artikel und Aufsätze und für den schnellen Einstieg gibt es auch einen kompakten Artikel bei Wikipedia.

Nur soviel dazu hier in an dieser Stelle, um meine Eindrücke und Carstens Fotos besser verstehen zu können:

Hebron ist eine der ältesten Städte, die ununterbrochen bewohnt waren und archäologische Funde deuten darauf hin, dass es 3000 Jahre vor Christi Geburt gegründet wurde.

Für die religiösen Menschen, egal ob muslimischen, jüdischen oder christlichen Glaubens, ist die Stadt so bedeutsam, weil hier nach der biblischen Überlieferung Abraham, der Stammvater der Juden, der Muslime und der Christen,  in der „Höhle des Patriarchen“ begraben wurde. Neben ihm auch sein Sohn Ismael, von dem Mohammed, der Prophet des Islam, abstammen soll und sein Sohn Isaak sowie sein Enkel Jakob. Die beiden gehören genauso wie Abraham zu den Erzvätern, aus denen die zwölf Stämme des Volkes Israel hervorgingen.

Der israelische König David soll hier zum König gesalbt worden sein.

Diese biblischen Überlieferungen sind die Hauptgründe dafür, dass Hebron seit Jahrtausenden immer wieder umkämpft und Ort zahlreicher blutiger Kämpfe und Auseinandersetzungen war. Das letzte Massaker fand 1994 statt, dazu komme ich später noch.

Aber jetzt ein großer Sprung in den Oktober 2016:

Als wir uns der Innenstadt Hebrons  näherten, war mein erster Eindruck in den Außenbezirken, was für eine unglaubliche große, quirlige und auch schöne Stadt das ist. Ich war schon oft in Ramallah; kannte also bereits eine große arabische Stadt im Westjordanland recht gut – aber weder Ramallah noch Bethlehem oder Jericho  habe ich als  „schöne“ Städte wahrgenommen – hier hatte ich einen anderen Eindruck, vielleicht schon alleine deshalb, weil die Straßen, durch die wir fuhren, alle  sehr aufgeräumt und sauber wirkten.

Aber ich muss doch noch kurz an die Stadtgrenze zurückspringen. Bevor wir in die Stadt selbst hineinfuhren, passierten wir einen Kreisverkehr, der deutlich stärker von israelischen Soldaten gesichert war als andere Kreuzungen im Westjordanland. Der Grund dafür ist die jüdische Siedlung Kirjat Arba direkt an der Stadtgrenze Hebrons, in der circa 7000 jüdische Siedler mit ihren Familien leben – sie gelten, zusammen mit den Siedlern, die direkt in der Stadt Hebron wohnen, als der harte Kern der radikalen, nationalreligösen Siedlerbewegung im Westjordanland, die weite Teile des Westjordanlands für die Juden beansprucht.

Zurück zu unserer Fahrt durch das Stadtzentrum auf dem Weg Richtung Altstadt.

Unseren ersten kurzen Zwischenstopp machten wir vor einem Siedlerhaus mitten in der Stadt Hebron, das erst kürzlich bezogen wurde.novemberblog-1

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Die Schranke auf dem ersten Bild, die genau neben dem von den Siedlern bewohnten Haus steht, dürfen zwar die palästinensischen  Bewohner des Gebäudes im Hintergrund passieren. Angeblich ist es ihnen aber  durch die israelische Armee untersagt worden,   Besucher in ihr eigenes Haus einzuladen – aus Sicherheitsgründen, die dem Schutz der jüdischen Siedler in dem Haus auf dem zweiten Foto dienen.

Die nächsten Bilder in der Galerie illustrieren unseren Besuch in der Abraham-Moschee. Klickt auf die Bilder, um sie zu vergrößern und die Erläuterungen zu lesen.

Die Hebroner Altstadt gleicht über weite Strecken einer Geisterstadt. Ganze Bereiche und Straßen sind für Palästinenser gesperrt, Läden auf dem ehemaligen Markt dürfen auf Anordnung der israelischen Armee teils nicht öffnen, teils wurden sie verlassen, weil es keine Kunden mehr gibt. Nur wenige Touristen trauen sich in die zerrissene Stadt. Der Konflikt teilt Hebron, und hier und dort sogar einzelne Häuser. In deren Erdgeschossen versuchen arabische Händler ihren Geschäften nachzugehen, in den oberen stark gesicherten Stockwerken leben jüdische Siedler. Netze und Gitter verhindern, dass von oben Unrat auf die Straßen und die Menschen geworfen wird.

Letzte Blicke über die Hebroner Innenstadt.

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Das Grab des Patriarchen, die für Juden und Muslime heilige Ruhestätte Abrahams.

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Unsere Gastgeber luden uns am Abend vor die Tore der Stadt zum Knafeh essen ein, einer palästinensischen Süßspeise aus Ziegenkäse, Teigfäden und Sirup. Sie soll ihren Ursprung in Nablus haben. Mittlerweile ist sie im gesamten arabischen Raum und der Türkei verbreitet. Wenn sie wie hier frisch auf dem offenen Feuer zubereitet wird, ist sie besonders lecker.

So, das wars für dieses Jahr. Wir wünschen euch fröhliche Weihnachten und ein tolles Neues Jahr.

Shalom, salam und tschö,

Heike und Carsten

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Zwei Jahre im fernen Nahen Osten

Letzten Sonntag waren es genau zwei Jahre – so lange leben und arbeiten wir nun schon in Jerusalem.

Zeit für eine kleine Zwischenbilanz.

In Zahlen ausgedrückt sieht diese, mit dem Schwerpunkt auf den „deutsch-israelischen“ Beziehungen, ungefähr so aus:

Zwei Jahre, in denen ich insgesamt elf Mal die Strecke zwischen Tel Aviv und Berlin hin- und auch wieder zurückgeflogen bin: um sechs verschiedene Tagungen vor Ort zu organisieren, unsere Familie und Freunde zu sehen und um Urlaub zu machen.

Auf unser Flugkonto in dieser Zeit kommt auch noch ein Urlaubsflug nach Zypern im Juli letzten Jahres hinzu.

Auf fünf dieser Flüge war auch Carsten mit an Bord und bei vier Flügen war Toni in ihrer Hundekiste im Frachtraum mit dabei; damit kommt sie bis heute auf fast 30.000 Hunde-Flugkilometer.

In diesen beiden Jahren haben uns hier in unserem Zuhause in Jerusalem 49 unterschiedliche liebe Freunde und Familienmitglieder aus Deutschland besucht; einige schon zweimal, andere sogar bereits dreimal J.

Unsere Gästebetten waren an 33 Wochen bisher belegt.

Es werden noch viele Besuche kommen jetzt in den letzten voraussichtlich 12 Monaten – einige zum zweiten, dritten oder sogar vierten Mal und mindestens zehn Personen zum ersten Mal. Für 16 Wochen ist unser kleines Gästezimmer bereits ausgebucht.

Und es werden auch einige Flüge nach Berlin im letzten unserer drei Jahre hier in Israel dazukommen.

An dieser Stelle ein ganz dickes Dankeschön an unsere Kinder, unsere Familien und unsere lieben Freunde und Freundinnen – es ist toll, dass wir es geschafft haben, in den zwei Jahren einen so engen Kontakt zu Euch allen zu halten. Schön, dass es Euch alle für uns gibt!

Abseits der Zahlen gehört vielleicht auch dieses zu einem Zwischenfazit:

Über was ich mich immer noch riesig freuen oder einfach nur staunen kann – auch nach zwei Jahren:

  • Der Duft von Rosmarin und Lavendel an fast jeder Ecke und jedem Weg
  • Die schier unglaubliche Blütenpracht und jetzt gerade wieder die tollen Granatäpfel, Kakteenfrüchte und Feigen, die ich morgens im Park pflücken kann
  • Die Sonne und der blaue Himmel über soooooo viele Monate im Jahr; aber auch der erste Regen zu Beginn des Winters
  • Das Gewusel der Menschen und das Treiben der Händler in den Altstädten und Märkten von Jerusalem, Ramallah, Bethlehem oder Nablus
  • Das unglaublich aromatische und leckere Obst und Gemüse; wir haben noch nie so viele Tomaten wie hier gegessen
  • Die Freundlichkeit, mit der uns die meisten Menschen hier begegnen
  • Der sehr lässig wirkende Lebensstil der jüdischen Israelis, bis hin zur Kleidung im Theater oder auf Empfängen – inklusive der obligatorischen Turnschuhe
  • Die für unsere Verhältnisse wirklich kinderreichen ultraorthodoxen Familien; fünf oder sechs Kinder neben der schwangeren Mutter sind keine Seltenheit im Jerusalemer Straßenbild
  • Die Gastfreundschaft der Palästinenser, aber auch die Offenheit und Unvoreingenommenheit der Juden uns (Deutschen) gegenüber
  • Das unbeschwert wirkende Strandleben in Tel Aviv
  • Das Abendlicht über der Wüste und den Städten
  • Die Dichte und Intensität der Religionen, besonders hier in Jerusalem; so viele gläubige Juden, Muslime und Christen auf so engem Raum
  • Die Shabbatsirene am Freitagnachmittag
  • Das Schwebegefühl im Toten Meer und die Anmut der Wüstenberge
  • Das Mittelmeer so schnell erreichbar für mich J

An was ich mich erstaunlicherweise inzwischen gewöhnt habe:

  • Das permanente Hupen der ungeduldigen Autofahrer
  • Den Anblick des vielen Plastikmülls auf den Straßen – besonders in den arabischen Stadtteilen und Gebieten
  • Die Anwesenheit des Militärs und vor allem der zahlreichen Maschinengewehre im täglichen Alltag
  • Die lauten und nervigen Sirenen der Krankenwagen und Polizeifahrzeuge mehrmals an jedem Tag
  • das völlige Fehlen von Struktur und Effektivität vor allem an den Supermarktkassen
  • die Hitze und den trockenen Staub – auch immer wieder in der Wohnung
  • das häufige Kontrolliert-Werden und Passieren von Sicherheitsschleusen im Alltag

An was ich mich immer noch ganz schwer oder gar nicht gewöhnen kann bzw. was ich nicht begreife:

  • Die Unfähigkeit, Frieden in dieser Region zu schaffen
  • Die Siedlungen und weiteren Siedlungsbemühungen der nationalreligiösen Juden im Westjordanland
  • Der Hass bei einigen Menschen einerseits und die scheinbare Gleichgültigkeit anderer Menschen gegenüber der politischen Situation andererseits
  • Die Terrorattacken und die Zahl der Toten und Verletzten
  • Die Mauer und die Checkpoints
  • Die Ungleichbehandlung der Palästinenser in einigen Teilen des Lebens
  • Das völlige Nebeneinander von muslimischem und jüdischem Leben oder auch das fehlende Miteinander
  • Die immer noch fehlende Anerkennung des Staates Israel durch die meisten Staaten in der Region
  • Die immer unwahrscheinlicher werdende Zwei-Staaten-Lösung oder einer anderen demokratischen Vision von einem friedlichen Leben

Ich habe bestimmt vieles vergessen zu erwähnen. Aber ich will ja auch in den nächsten zwölf Monaten noch ab und zu hier an dieser Stelle etwas schreiben – dann wird es bestimmt noch erwähnt.

Und als Ausblick auf einen der nächsten Berichte: Carsten will dann beschreiben, wie sich seine Sicht auf dieses Land und diese Region durch uns Leben hier verändert hat. Und ein paar schöne Fotos von den  Perseiden-Sternschnuppen der letzten Nacht gibt es dann auch.

Nur noch das: weil wir so gerne hier sind und die Zeit auf gar keinen Fall missen möchten, haben wir unser kleines Zwei-Jahres-Jubiläum mit einem Wochenendausflug zum See Genezareth „begangen“. Wieder haben wir viel Neues entdeckt und deshalb möchte ich euch als Abschluss der kleinen Zwischenbilanz Carstens Bilder vom Ausflug nicht vorenthalten. Viel Spaß damit und bis zum nächsten Mal,

shalom, salam und tschö, Heike und Carsten

 

 

Urlaub im Königreich Jordanien – ein Foto-Reisebericht

Immer, wenn wir am Toten Meer waren und sind, und bei guter Sicht auch von Jerusalem aus, können wir sie sehen: die Hügel Jordaniens.

Und abends können wir oft von den judäischen Bergen hier rund um Jerusalem oder von Bethlehem aus die Lichter Ammans sehen, der Hauptstadt Jordaniens.

Was liegt da näher, als einen Urlaub in diesem so nahen und gleichzeitig so fernen Land zu planen und zu machen?

Im April waren wir jetzt acht Tage dort – es waren unglaublich faszinierende und spannende Tage. Und es ist kein dummer Klischee-Satz: unsere Erwartungen wurden wirklich ganz weit übertroffen – sowohl von den freundlichen und offenen Menschen als auch von den überwältigend schönen Natur- und Kulturlandschaften.

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Ben Gurion, Israels erster Ministerpräsident

Angefangen hat dieser Urlaub eigentlich zwei Wochen vor Reiseantritt mit einem Besuch in der jordanischen Botschaft in Tel Aviv, um unsere Visa zu beantragen.

Und dann ging es an einem Montag im April los:

Der erste Zwischenstopp: Tonis „Landschulheim“ in der Nähe von Jerusalem, um sie dort abzugeben für diese Zeit – Hunde sind in arabischen Ländern eine absolute Seltenheit und eher wenig beliebt.   Und bei den Besichtigungen, die wir dort machen wollten, hätten wir sie eh nie mitnehmen können.

Toni

Und dann ging es zu zweit in unserem Auto weiter: durch die Wüste Negev bis runter nach Eilat, dem israelischen Badeort am Roten Meer – ein Hotel steht neben dem nächsten, und ein Shopping-Center neben der nächsten Boutique. Was wir nicht wussten: Eilat ist nicht nur das Haupturlaubsziel für viele Israelis, sondern es ist auch eine Freihandelszone – das heißt, der Einkauf von Kleidung, Alkohol, Kosmetik etc. ist hier günstiger als im Rest des Landes.

Strandansicht Eilat
Strandansicht Eilat

Aber ein Blick auf die Hotelpreise und die kleine Speisekarte eines Cafés am Meer – mit der Aussicht links nach Jordanien und rechts nach Ägypten, und uns war klar: wir sind immer noch im Hochpreisland Israel.

Also gestärkt auf zur Grenze nach Jordanien, direkt am Rand von Eilat.

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Dort parkten wir das Auto und gingen mit kleinem Gepäck zu Fuß über die Grenze. Das war alles sehr unproblematisch und klappte reibungslos. Auf der jordanischen Seite warteten schon diverse Taxis auf Touristen aus Israel. Ein freundlicher Taxifahrer, der uns stolz erzählte, dass mit uns zeitgleich der König in Akaba weilte und dort auch übernachtete, fuhr uns zu unserem Hotel im Stadtzentrum dieses arabischen Badestädtchens in direkter Nachbarschaft zu Eilat.

Übrigens: 93 Prozent der jordanischen Bevölkerung sind sunnitische Muslime. Über 50 Prozent der Bevölkerung sind palästinensische Flüchtlinge aus dem Gebiet des heutigen Israel.

Unser erster Aufenthalt – Akaba:

Es fällt sofort auf: Das muslimische Leben prägt Akaba sehr – im Stadtbild ebenso wie am Strand des Roten Meeres direkt in der Stadt. Eigentlich ist es kaum zu unterscheiden von den arabischen Städten wie Bethlehem,  Jericho oder Nablus im Westjordanland – auffällig allerdings ist, dass hier weniger Armut zu sehen ist und die Männer zum Teil deutlich eleganter sowohl nach westlichen, als auch nach arabischen Modestandards gekleidet sind

In der Erinnerung wird auf jeden Fall bleiben:

  • Ein städtisches, fröhliches Strandleben mit Frauen, die alle Abaya und Hijab trugen; vielen Kindern und Männern, die an den Grills standen
  • Der Duft von gegrilltem Lammfleisch
  • Ein heißes trockenes Klima
  • Ein Blick auf den Golf von Akaba mit dem israelischen Eilat zur Rechten, der ägyptischen Stadt Taba gegenüber, und der saudi-arabischen Grenze zur Linken.
  • Die Bar auf der Dachterrasse unseres Hotels mit leckerem Aperitif und spektakulärem Blick
  • Der fröhliche Jubel ganz vieler Männer draußen in den Cafés beim 1:0 und 2:0 von Madrid gegen Wolfsburg in der Championsleaque
  • Ein angenehm fauler Tag in einem Beachressort mit Strandbars und Pools für die Touristen
  • Ausgelassenes Markt- und Einkaufstreiben auch noch spät abends

Nach zwei Nächten dort ging es weiter Richtung Petra. Zuerst auf der großen Verbindungsstraße zwischen dem Roten Meer und Amman mit vielen sehr ärmlich wirkenden, kleineren Siedlungen am Straßenrand und dann später auf einer spektakulären Nebenstraße nach Petra. Leider war an diesem Tag das Wetter sehr schlecht, so dass wir durch dichte Nebelschwaden auf 1.800 Meter Höhe fuhren und am späten Nachmittag im Hotel hören mussten, dass die antike Stadt Petra wegen Überflutungsgefahr geschlossen war.

Also fuhren wir erst einmal mit dem Auto um Petra herum, was auch schon fantastisch war, um uns dann am nächsten Morgen auf den Weg zu machen. Es war unbeschreiblich, aber seht selbst:

 

Die Nabatäer, ein arabisches Volk, schlugen diese eindrucksvolle Stadt vor über 2000 Jahren in die Sandsteinwände. Ihre Siedlung wurde zu einem wichtigen Knotenpunkt auf den Handelsrouten für Gewürze und Seide. Lange Zeit fristete sie ein unbeachtetes Dasein – Beduinen nutzten die höhlenartigen Gemäuer als Wohnungen und tun dies zum Teil auch heute noch.

Die Hauptwege sind sehr voll und touristisch, aber etwas abseits waren wir fast alleine unterwegs und wirklich berauscht von der fantastischen Landschaft und dem, was Menschen bereits in den Jahren vor Christi Geburt geschaffen haben.

Eine Wanderung von 17 Kilometern mit vielen Höhenmetern und weit über 1000 Treppen und Stufen war dann das sportliche Ergebnis des Tages.

Wiederum nach zwei Nächten ging es weiter nach Amman – allerdings mit einem kurzen Zwischenstopp in Dana –   einem kleinen ehemaligen Beduinendorf inmitten eines Naturreservoirs. Es wirkt wie eine bunte Mischung aus zerfallenen osmanischen und frisch restaurierten Häusern – unglaublich romantisch und zugleich verlassen aussehend,  mit sehr freundlichen Menschen darin und einer Herberge, in der wir ein leckeres Mittagessen inklusive einem interessanten Gespräch mit dem Hotelbesitzer bekamen – das Fazit: hier müssen wir unbedingt noch einmal mit mehr Zeit hinfahren und wandern.

Jordanien-Blog-21 Jordanien-Blog-22 Weiter ging es über eine spektakuläre Straße runter zum Toten Meer, um von da aus nach Amman weiter zu fahren.
Totes Meer

Unter dem Meeresspiegel in der Wüste am Toten Meer sahen wir dann zahlreiche Flüchtlingscamps der Palästinenser. Sie scheinen vom Gemüseanbau dort zu leben: ein Auto nach dem nächsten, voll mit Melonen, Zwiebeln, Knoblauch, Tomaten oder Salat am Straßenrand.

Und dann Amman:

Eine riesengroße Stadt mit 4,5 Millionen Einwohnern. Die Stadt ist nicht schön auf den ersten Blick und auch nicht auf den zweiten beim langen Stadtspaziergang am nächsten Tag. Aber sie ist auf eine angenehme Art lebendig, voller Trubel und weltoffen – auf jeden Fall war dies mein Eindruck.

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Riesige Shuks – Märkte, im denen man fast alles kaufen kann, Boutiquen und Cafés wechseln sich ab mit Moscheen und einigen Kirchen. Der Verkehr mit vielen, vielen Autos ist chaotisch: Es hupt und ruft und pfeift und dröhnt überall in den Straßen, ohne dass es unangenehm auf uns wirkte.

An einem der beiden Abende wurden wir von einem Kollegen von Carsten aus Amman zum Essen ausgeführt. Eine kreative und frische libanesische Küche in einem arabisch modernen Ambiente – eine neue Erfahrung für uns in diesem fernen Nahen Osten. Hier noch ein paar Eindrücke des antiken Amman:

Und mitten in dieser quirligen Stadt verbrachten wir zwei Nächte in einem kleinen Gästehaus, das wie eine Oase inmitten der Großstadt auf uns wirkte – wieder mit einem sehr offenen und hilfsbereiten Besitzer, seinen circa 10 bis 15 Katzen, Kaninchen, Hühnern, Vögeln – es war eine richtige Wohlfühl-Atmosphäre.

Die letzte Nacht schliefen wir dann in einem Beduinen-Camp mitten in der Wüste des Wadi Rum. Und wieder viele atemberaubende Eindrücke; eine wunderschöne Wüstenlandschaft, durch die uns Mamdouh, ein 23-jähriger Beduine aus dem Wadi Rum, fuhr und führte.

Am nächsten Morgen fuhren wir, erfüllt von den vielfältigen Eindrücken einer spannenden und tollen Woche zurück nach Akaba; wir gaben unseren Mietwagen ab und dann ging es wieder zu Fuß über die Grenze. Im eigenen Auto ging es nach Jerusalem zurück – müde, glücklich und mit der Erkenntnis, auf jeden Fall noch einmal nach Jordanien zu fahren!

In diesem Sinne, salam und shalom und tschö, Heike und Carsten

 

Grüße aus der ‚kühlen‘ Jahreszeit in Nahost

Das Neue Jahr hat für uns gut angefangen, mit vielen Besuchen von Freunden aus Hannover und Berlin. Bevor die Besuchssaison so richtig losgeht, wollen wir euch mithilfe einiger Fotos von Carsten an unseren Erlebnissen teilhaben lassen.

Politisch hat sich nicht viel getan seit dem letzten Bericht im Dezember. Die Zahl der bis vor kurzem fast täglichen Angriffe von zumeist jugendlichen Palästinensern auf Juden hat in den vergangenen Wochen etwas abgenommen, nichtsdestotrotz bleibt die Lage angespannt. Je länger wir hier sind, desto weniger glauben wir an eine baldige friedliche Lösung für diesen Landstrich. Nun denn: Verglichen mit der Lage in Europa ist es hier offenbar auch nicht gefährlicher.

So, nun viel Spaß bei den Fotos (Wie immer: Ein Klick auf ein Foto vergrößert es und gibt eine kurze Erklärung). Wir melden uns mit einem längeren Bericht im Mai nach einer Reise durch Jordanien.

Shalom, Salam und Tschö mit ö

Heike und Carsten

Jeden Donnerstag Abend verwandelt sich der jüdische Markt Mahane Jehuda in Jerusalem zur Partymeile.

Ein Ausflug in die Nähe des Gazastreifens

Unser erster Wüstenausflug des Jahres

Jerusalem - im Hintergrund
Jerusalem – im Hintergrund

 

Immer wieder schön, aber im Frühling besonders: Das Wadi Qelt bei Jericho

Ein Geburtstagsausflug nach Taybeh im Westjordanland

Der Golan und die Hafenstadt Akko im März – ein Wochenendausflug mit lieben Freunden

Und schon wieder ist Ostern

Für alle die tiefer ins Thema Ostern in Jerusalem einsteigen wollen, empfehlen wir diesen Artikel: http://www.faz.net/aktuell/reise/ostern-in-jerusalem-die-neue-strasse-der-schmerzen-14140717.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2

Winterzeit in Israel!?

Ein ganz herzliches shalom und marhaba aus Jerusalem!

Im Oktober und November war es auf diesem Blog sehr ruhig. Das lag zum einen an zahlreichen tollen Menschen aus Deutschland, die uns besucht haben in den letzten zwei Monaten und mit denen wir viel Zeit verbracht haben, aber manchmal auch an fehlender Muße, etwas aufzuschreiben. Die vielen Berichte und Artikel über die ankommenden Flüchtlinge bei euch in Deutschland auf der einen Seite und die nicht enden wollenden Angriffe hier in Israel und im Westjordanland auf der anderen Seite haben mich zögern lassen, aus unserem privaten kleinen Leben, das „eigentlich“, von den äußeren Faktoren losgelöst, immer noch schön und spannend ist, zu berichten.

Aber nun, kurz bevor (fast) alle in Deutschland in den vorweihnachtlichen Trubel abtauchen, kommen jetzt ein paar Eindrücke aus unserem Leben seit Oktober.

Für die hier lebenden Menschen beginnt ab Anfang/Mitte Oktober die Winterzeit. Der erste Regen seit Ende April fiel am 26. Oktober; seitdem wachsen Gras und Blumen aus der Erde, die Mandelbäume fangen an zu blühen, die ersten Erdbeeren tauchen auf den Märkten auf: was für uns eher wie ein Hauch von Frühling anmutet, bedeutet hier für die Menschen drohende Kälte und Nässe.

Ab 15 Grad werden Handschuhe, Schal, Mütze und Ohrenschützer herausgeholt – ein Bild in den Straßen, was uns immer wieder schmunzeln lässt.

Bei Tagestemperaturen zwischen 15 und 28 Grad in den vergangenen Wochen, meistens strahlend blauem Himmel und dazu quasi täglichen Messerattacken oder anderen schlimmen Angriffen mit Berichten über schwerverletzte Opfer und meist erschossenen Angreifern, ist Weihnachten mit all seiner möglichen Besinnlichkeit  ganz schön weit weg.

Eine kurze und nüchterne Bilanz: Seit Anfang Oktober sind in Israel und dem Westjordanland  bei einer Welle palästinenischer Angriffe 19 Israelis und ein Amerikaner getötet worden, mehr als 100 Palästinenser kamen ums Leben, 63 davon wurden bei ihren eigenen Anschlägen erschossen, die anderen bei Konfrontationen mit israelischen Sicherheitskräften. Mehr als 800 Palästinenser wurden festgenommen. Während ich dies gerade jetzt schreibe, kommt wieder eine Meldung, dass ein palästinensischer Angreifer an einem Checkpoint nahe Jerusalem erschossen wurde.

Hier ist ein Link zu einem vierminütigenVideo des ARD-Korrespondenten Richard Schneider zur gegenwärtigen Situation hier:

http://www.tagesschau.de/videoblog/zwischen_mittelmeer_und_jordan/terror-in-israel-103.html

Und das Verrückte dabei ist: Wir hatten dennoch in diesen beiden Monaten eine wunderbare Zeit mit (wieder einmal) vielen neuen Eindrücken.

An ein paar Ausflügen und Aktionen möchten wir euch teilhaben lassen; Carsten hat (wie ich finde) tolle Fotos gemacht, die ich euch auf keinen Fall vorenthalten möchte.

 

Familie am Tag vor Jom Kippur im Jerusalemer Stadtteil Mea Sharim, in dem ultra-orthodoxe Juden leben
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Kapparot - ein Ritual, bei dem Gläubige lebende Hühner über ihren Köpfen schwenken.
Kapparot – ein Ritual, bei dem Gläubige lebende Hühner über ihren Köpfen schwenken.
Die Menschen hoffen, dass ihre Sünden auf das Tier übergehen und göttliche Strafen ihnen deshalb erspart bleiben.
Die Menschen hoffen, dass ihre Sünden auf das Tier übergehen und göttliche Strafen ihnen deshalb erspart bleiben.
Während des Rituals werden laute Gebete vorgelesen.
Während des Rituals werden Gebete laut vorgelesen.
Anschließend werden die Tiere an Ort und Stelle geschächtet. Tierschützer in und außerhalb Israels kritisieren das ganze Prozedere.
Anschließend werden die Tiere an Ort und Stelle geschächtet. Tierschützer in und außerhalb Israels kritisieren das Prozedere.
Betende Juden an der Klagemauer am Vorabend von Jom Kippur
Betende Juden an der Klagemauer am Vorabend von Jom Kippur.



Dezemberblog (11 von 52)

Leere Straßen an Jon Kippur, Autofahren ist verboten. Toni fand es gut.
Leere Straßen an Jom Kippur, Autofahren ist verboten. Toni fand das gut.

 

 

 

 

 

 

Ausflüge zum Meer – sommerliche Impressionen

aus dem israelischen Herbst

(Klickt auf die einzelnen Fotos, um sie in besserer Qualität zu sehen.)


Wow – einfach nur toll…

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Momentaufnahmen aus Jerusalem

Ausflüge und Wanderungen im Westjordanland

An einem Novemberwochenende machten wir uns auf den Weg zu den Golanhöhen. Zwei Nächte verbrachten wir in einem Kibbuz und unternahmen ausgiebige Ausflüge entlang der Grenzen zum Libanon und zu Syrien. Beeindruckende Landschaften im Wechsel mit bedrückenden Aussichten auf eine Region im Krieg.

 

Und zum Schluss noch etwas sehr bewegendes und schönes: in Haifa gab es vor zwei Wochen einen Schönheitswettbewerb von Holocaust-Überlebenden. Aber seht selbst:

https://t.co/s7Vp0W4WEg

Carsten und ich wünschen Euch allen eine gute Zeit bis Weihnachten, ein schönes und friedliches Fest und einen tollen, spannenden und fröhlichen Start ins Neue Jahr!

Shalom, Salam Aleikum und Tschö bis zum nächsten Jahr

Beirut

Tanz, Sand und Heiligtümer – unsere letzten drei Wochen in Bildern

Dieses Mal wenig Text, dafür viele Bilder. Wenn Ihr mit der Maus über die Fotos fahrt, kommen bei manchen Kommentare – mit Doppelklick öffnen sie sich in voller Größe.

Viel Spaß!

Einmal jährlich findet in einer belebten Straße gleich bei uns um die Ecke ein großes Straßenfest statt. Bereits zum zweiten Mal erlebten wir nun dieses Spektakel in der Emek Refaim, eine Mischung aus Flohmarkt, Theater und  Musik.

Nach dem fröhlichen und – sternklaren – Abend erlebten wir am nächsten Morgen eine Überraschung: Statt des vermeintlich ewig blauen Himmels gabs trübe Sicht und knirschende Zähne. Ein Sandsturm aus Syrien, selten um diese Jahreszeit, suchte den Nahen Osten heim. Schnell aufkeimende Gerüchte, dass der buchstäblich überall spür- und sichtbare Staub  mit giftigen Chemikalien aus dem tobenden Bürgerkrieg kontaminiert sei, bewahrheiteten sich glücklicherweise nicht.

Sandsturm
Sandsturm

Der Sandsturm ließ nur langsam nach. Drei Tage nach dem Straßenfest hatte Carsten das Privileg, die den Muslimen heilige al-Aqsa-Moschee sowie den Felsendom auf dem Tempelberg zu besichtigen. Das großzügige  Areal in der besetzen Altstadt Jerusalems steht nicht-muslimischen Besuchern nur zu vorgegebenen und strikt einzuhaltenden Zeiten offen, die Moschee und der Felsendom so gut wie nie. Religiöse Handlungen wie Gebete sind Christen und Juden auf dem von den Muslimen al-haram asch-scharif genannten Plateau verboten. Vielen frommen Juden ist dies ein Dorn im Auge, denn auch ihnen ist der Tempelberg heilig. Hier stand einst das größte Heiligtum der Juden, der zweite Tempel, der von den Römern zerstört wurde.  Dessen ehemalige westliche Begrenzung bildet die heutige Klagemauer.

Nablus, Westjordanland – eine pulsierende arabische Metropole in schöner Tallage, mit einem tollen Markt, leckeren Lebensmitteln und Süßigkeiten

Von Nablus ging es noch am selben Abend weiter nach Jabad, einem Städtchen im Norden des Westjordanlandes, nahe Dschinin. Eine palästinensische Tanzgruppe, El Fanoun, trat dort auf. Wir hatten von denen zwar noch nie etwas gehört, aber Kollegen versicherten uns, dass die Folkloretruppe sehenswert und bereits erfolgreich im Ausland, darunter Deutschland, aufgetreten sei. Wir haben den Besuch nicht bereut.

Das jüdische Neujahrsfest, Rosh Hashana, nutzten wir für ausgiebige Streifzüge durch Jerusalem.

Den nächsten Tag – Neujahr sozusagen – zog es uns in die Altstadt.

So, das wars für dieses Mal – ein Streifzug in Bildern.

Salam und lehitraot, Heike und Carsten

Es war ein intensives erstes Jahr!

Seit einem Jahr und zwei Wochen leben wir nun schon hier in Jerusalem!

Es war ein intensives Jahr mit  so viel Neuem und Fremden, Schönem und Wunderbarem aber auch Unverständlichem und Erschreckendem.

Viele Eindrücke und Begebenheiten  haben wir nicht alleine erlebt: in diesem ersten Jahr hier hatten wir Besuch von 23 lieben Menschen aus Deutschland und in den nächsten Monaten werden noch zahlreiche Besuche von Freunden und Familie folgen – das ist schön!

Gerade unsere Erlebnisse der letzten drei Wochen spiegeln das oben Gesagte  gut wider:

Eine Woche nach unserem Urlaub, genau heute vor drei Wochen, gingen Carsten und ich gutgelaunt abends zu Fuß in die City, um an der Pride Parade der  Schwulen und Lesben teilzunehmen bzw. sie uns anzuschauen. Carsten hatte, wie meist, seinen Fotoapparat dabei.

Die Demo begann fröhlich und ausgelassenen in einem Park; wir liefen an der Seite mit und bestaunten (mal wieder), wie dicht in Jerusalem  das streng Religiöse neben dem Bunten und Weltoffenem  -hier dieser Parade-  liegt.

Drag-Queen
Drag-Queen

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Buntes Treiben
Buntes Treiben

Und dann geschah das Entsetzliche  direkt vor unseren Augen: 50 Meter von uns entfernt rannte plötzlich ein ultraorthodoxer Jude in die Menge und stach willkürlich mit einem Messer auf die Menschen ein. Von den sechs schwer Verletzten starb das seBlogAugust-7chzehnjährige Mädchen auf dem Foto zwei Tage später im Krankenhaus. Es war furchtbar und für mich die erste Situation, in der ich Auswirkungen eines religiösen Fanatismus so nah erlebte.

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Schneller Einsatz, aber doch zu spät

 

Entsetzen...
Entsetzen…

Wenige Tage davor filmten Carsten und sein Kameramann die Wiederbesetzung einer ehemaligen Siedlung durch Juden im Westjordanland. Sie erlebten auf erschreckende Weise, was Fanatismus mit Menschen macht: Nachdem die Siedler herausgefunden hatten, dass der Kameramann Palestinenser ist, bedrohten und beschimpften sie die beiden unter anderem mit den Worten, alle Araber seien Mörder. Hier ein paar Eindrücke dazu:

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Kameramann im Einsatz
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Nationalreligiöse Siedler beim Gebet
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Einst eine Moschee
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Wiederbesetzung
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Soldaten und Siedler – die Räumung erfolgte in der übernächsten Nacht

 

Die  mit Abstand schlimmste und grausamste Nachricht kam dann aber direkt in der Nacht nach der Pride Parade. In Duma, einem Dorf im Westjordanland, warfen mutmaßliche jüdische Siedler einen Brandsatz in das Haus einer palästinensischen Familie. Ein achtzehn Monate altes Kleinkind verbrannte in dem Haus bei lebendigem Leib, der Vater, die Mutter und ein vierjähriger Junge wurden mit schwersten Verbrennungen in Krankenhäuser gebracht und der Vater erlag dann seinen Verbrennungen einige Tage später.  Die Mutter und das Kind liegen immer noch in sehr kritischem Zustand auf der Intensivstation.

Dieser grausame Vorfall und dazu noch die momentan äußerst kritische Verfassung eines palästinensischen Häftlings nach 60 Tagen Hungerstreik  lässt die gesamte Situation hier  wieder angespannter und kritischer werden. Gerade in den letzten Tagen gab es einige Messerattacken an Checkpoints gegen israelische Polizisten bzw. Soldaten – weitere Verletzte und Tote waren und sind die Folge.

Und dann gibt es zeitgleich diese ganz anderen Erlebnisse:

Ein schöne Kunstaktion abends im Israel Museum,

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eine so fröhlich wirkende Straße mit ungewöhnlichen Schattenspendern,

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Ultra-orthodoxer Jude am Shabbat

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und eine unglaubliche Nacht in der Wüste Negev.  Wir sind an dem Abend, als  der Meteorschauer der  Perseiden am stärksten war, in die Wüste gefahren zum angeblichen dunkelsten Punkt Israels. Mit uns hatten diese Idee allerdings auch zahlreiche andere Sternengucker und -fotografen.  Aber dies störte überhaupt nicht – wir saßen auf unseren Campingstühlen, ausgerüstet mit Kaffee, Wein und belegten Broten circa drei Stunden unter freiem Himmel und konnten einen dermaßen intensiven Sternenhimmel bestaunen, wie ich es noch nie vorher erlebt habe. Mindestens 80 Sternschnuppen habe ich gesehen – irgendwann habe ich aufgehört zu zählen und nur noch gestaunt……Carsten hat zahlreiche Fotos geschossen und zwei meiner Lieblingsfotos seht ihr hier:

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Die Milchstraße
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Findet die Schnuppe…

Und dann gab es noch die Verlobungsfeier eines palästinensischen Mitarbeiters von Carsten in Ramallah, zu der wir eingeladen waren. Die Feier begann um 19 Uhr und endete um kurz nach 21 Uhr. Es waren mindestens 150 Gäste anwesend: Freunde und Familie und wir;).

Auf den Tischen standen  Karaffen mit Wasser und Limonade und es wurde starker Kaffee in kleinen Pappbechern gereicht. Alle Anwesenden warteten gespannt bis um circa 19.30 das Brautpaar den Raum betrat. In der Mitte des Raums steckten sie sich die Ringe an die Hände; laute arabische Discomusik setzte ein und dann wurde getanzt bis kurz nach 21 Uhr – ohne Pause!! Dann gab es für alle ein Stück Kuchen und dann: Ende der Veranstaltung – auch dies wieder eine völlig neue Erfahrung für uns 🙂

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Und nun zum Abschluss für heute möchte ich Euch gerne auf einen Artikel aufmerksam machen, den ich sehr interessant fand weil er einen ganz individuellen und doch so spezifischen Blick  zweier junger Studentinnen auf diese Situation hier wirft – vielleicht mögt ihr ihn ja auch lesen:

http://www.zeit.de/campus/2015/04/jerusalem-studium-universitaet-nah-ost-konflikt

Bis zum nächsten Mal, ich sage Slalom, Marhaba und Tschö, alles Liebe für Euch, Heike