Die Wüste blüht – Purim, Ostern, Pessach und dazwischen wir

Hallo Zusammen,

seit meinem letzten längeren Bericht sind nicht nur einige Wochen vergangen; es lagen wundervolle Besuche von lieben Freunden – Überraschung inklusive- Wetterkapriolen, diverse Feiertage und Ausflüge mit intensiven Eindrücken zwischen meinem Geburtstag Ende Februar und heute. Beginnen möchte ich mit einer riesigen Überraschung für mich: einen Tag vor meinem Geburtstag stand meine liebe Freundin Andrea aus Berlin abends vor unserer Haustür; ich hatte keine Ahnung von ihrem Besuch und war wirklich überwältigt. Aber nicht nur sie hatte eine Überraschung zum Geburtstag geplant; das Wetter meinte ebenfalls, mich überraschen zu müssen. Am Geburtstagsmorgen sah es bei uns so aus:

Park

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auto
Mein Auto zu bewegen, daran war überhaupt nicht zu denken. Also machten Andrea und ich uns zu Fuß zum Einkaufen auf

 

 

 

 

 

 

 

 

Andrea

 

Dabei kam dann schon wieder die Sonne raus und am Nachmittag verwandelten sich die Straßen in Flüsse – ein Spaziergang am nachmittag ohne Gummistiefel war quasi unmöglich.

 

 

Die nächsten Tage von Andreas Aufenthalt gab sich das Wetter Mühe – unsere Laune war eh hervorragend und ein Ausflug in den Hafen von Jaffa – Tel Aviv mit leckerem Fischessen unter freiem Himmel rundete diese Woche toll ab.

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Der Hafen von Jaffa ist wirklich jedem Besucher der Stadt zu empfehlen. So viel zu sehen, zu riechen, zu schmecken ein ein irrer Pool für FotografInnen.
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Frischer Fisch direkt nach dem Fang zu kaufen

 

 

 

 

 

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Bevor Tita und Aki uns dann Ende März für eine wiederum sehr schöne und intensive Woche besuchten,  hat Carsten noch ein Erlebnis der besonderen Art absolviert, welches mir in den nächsten Wochen noch bevorsteht: In Israel lebende Ausländer müssen, wenn sie länger als ein Jahr im Land bleiben wollen, eine Führerscheinprüfung machen. Das bedeutet für uns: Sehtest, Gesundheitstest, eine Fahrstunde und anschließende Prüfung. Vorab: Carsten hat bestanden 🙂 Bleibt zu hinterfragen, warum wir ein Jahr hier rumfahren dürfen und dann erst eine Befähigung zum Autofahren nachweisen müssen – müßig. So bleibt das Kuriose an der Situation: Carsten hat während der Fahrstunde „gelernt“, die Hände am Lenkrad zu überkreuzen, wenn er in die Kurve lenken will und zu hupen, wenn es vor ihm im Kreisverkehr nicht schnell genug weiter geht. Ich bin gespannt, was mich bei der Fahrstunde und der anschließenden Prüfung erwartet.

Die Woche mit Tita und Aki verging dann wie im Flug : interessante Ausflüge, tolle Erlebnisse wie z.B. der Klang der Gebete und Rufe der Muezzine , die wir im Peace Forest aus mindestens 10 verschiedenen Minaretten gleichzeitig hörten; das Ganze mit einem wunderbaren Blick auf die Altstadt Jerusalems

Tempel
Und wenn Ihr mein I-Phone-Foto vergrößert, könnt Ihr unscharf aber klar 😉 den Felsendom mit seiner goldenen Kuppel sehen. Ein Tipp: eher auf der linken Seite.

 

 

 

 

 

 

 

Nicht lange nach dem jüdischen Purim-Fest (zur Errettung der Juden in Persien)  mit vielen verkleideten und fröhlichen Menschen, die unter anderem Nudelteigtaschen mit Käse und Sauerkirschen gefüllt aßen,  begann Ende März die Pessach-Woche, die morgen Abend zu Ende geht.

Pessach ist ein Gedenken an den Auszug der Juden aus Ägypten….. darüber könnte ich jetzt lange schreiben, ihr könnt es bei Interesse aber auch gerne nachlesen. Nur soviel: es gibt den Brauch, dass in dieser Woche nichts Gesäuertes und Treibendes  in der Wohnung und in den Supermärkten sein darf.  „Sieben Tage soll man kein Chamez in euren Häusern vorfinden“ (Schmot 12,19) Chavez ist alles, was von den Getreidearten Weizen, Gerste, Buchweizen, Hafer und Roggen stammt. Damit fallen Bier und Whisky in dieser Woche ebenfalls flach.

Deshalb bekommen wir auch seit letzten Donnerstag kein gesäuertes Brot mehr; viele Regale in den Supermärkten sind abgehängt, Hefe und alles Gärende ist tabu. Die Gläubigen Menschen essen Matze, es sieht aus wie dünnes Wasa-Knäckebrot, nur quadratisch und schmeckt auch so ähnlich. Die Supermärkte und alle Geschäfte hier in der Umgebung haben seit Donnerstag Nachmittag geschlossen und öffnen erst wieder am Sonntag – dann gibt es wieder Brot – hurra! Bereits am Mittwoch vor Pessach begannen die Vorbereitungen, u.a. auch in den koscheren Restaurants, die in der Pessachwoche geöffnet sein wollen. Als wir mit Aki und Tita an ihrem letzten Abend Essen gehen wollten, mussten wir erstaunt feststellen, dass vor einigen Restaurants große Wasserkessel auf Gasflammen standen, in denen das komplette Besteck und alle Töpfe etc. des Restaurants abgekocht wurden, damit kein Chamez an ihm haftet – kaschern wird das genannt. Es geht allerdings nicht bei Porzellan, hier muss ein spezielles Pessach-Geschirr auf den Tisch.

Leider habe ich in dem Moment des Kascherns auf der Straße vergessen, ein Foto zu machen – grrr

Letzte Woche dann haben die Christen in dieser Stadt Ostern gefeiert. Mit diesem Fest kamen die gläubigen Pilger; allerdings sollen es wegen des Gaza-Krieges im August deutlich weniger als in den vergangenen Jahren gewesen sein.

Karfreitag war ich mit Carsten in der Altstadt; Reuters hat dort live gefilmt und Carsten einen Beitrag für den Online-Dienst gesprochen. Wenn ihr Lust habt, könnt Ihr ihn hier ansehen und hören:

http://watch.reuters.tv/Zb9

Aufsager

 

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Reuters hatte bei den Bewohnern dieses Hauses den Balkon „gemietet“ – dort hatten wir einen perfekten Blick auf die Prozession

Balkon

 

 

 

 

 

Hier sind einige Eindrücke der Prozession; besonders interessant wurde es, als mittendrin die Via Dolorosa noch einmal abgetrennt wurde, weil gleichzeitig gläubige Muslime zum Mittagsgebet zum Tempelberg laufen wollten, genau entgegengesetzt der Richtung der Pilgerer zur Grabeskirche.

Prozession
Die Prozession auf der Via Dolorosa ging direkt vorbei am österreichischen Hospiz, einem wunderbaren Ort zum Kaffeetrinken in der Altstadt

 

 

 

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Christen und Muslime in der Via Dolorosa

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Das Ganze begleitet von vielen Grenzpolizisten, die meist jedoch einen seht entspannten Eindruck machten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Am Samstag vor Ostern und einige Tage davor machten Carsten und ich mit Toni  ganz andere Erfahrungen. Wir fuhren zu zwei verschiedene Wadis im Westjordanland. Es war einfach unglaublich: die im Sommer so dürre und trockene Wüste blüht zur Zeit – das Landschaftserlebnis beim Wandern ist unbeschreiblich. Ich versuche es hier einfach mit ein paar Fotoimpressionen zu veranschaulichen:

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Beim Vergrößern werdet ihr ein Kloster entdecken!

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In der Dämmerung konnten wir in der Ferne das Meer und Tel Aviv sehen

 

 

 

 

 

 

Während ich heute diesen Bericht schreibe, ist Carsten in Hebron zu einem Kondolenzbesuch bei einem Kameramann, dessen Bruder gestern gestorben ist. Eine muslimische Beerdigung und die Kondolenzzeremonien hinterher – das ist wiederum eine ganz andere Welt. Gerade ist Carsten nach Hause gekommen, voll mit Eindrücken dieses Nachmittages und des Erlebten.

 

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Das ganze politische Geschehen, die Wahlen (zu der Zeit war ich gerade in Deutschland) , die fast täglichen Auseinandersetzungen, zum Teil mit schwer Verwundeten und Toten an den Grenzen zum Westjordanland oder auch hier in der Nähe, habe ich dieses Mal nicht erwähnt – es wäre einfach zu viel geworden und Einiges verfolgt Ihr ja auch sicherlich in den Medien.

Jetzt bleibt mir nur noch, Euch ein schönes Wochenende zu wünschen,

shalom, salam und tschö, Heike

PS: Und bleibt immer schön entspannt und gelassen 🙂

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13 Gedanken zu „Die Wüste blüht – Purim, Ostern, Pessach und dazwischen wir“

  1. …hab noch was vergessen… ein Tipp für alle, die mal die ganze Geschichte Israels (oder besser: das Dilemma Israels) kompakt beieinander haben möchten. Es gibt ganz aktuell eine neue Ausgabe von „Der Spiegel – Geschichte“ zu Israel.
    Andrea

  2. Hi ihr Lieben in der Ferne, Danke wieder für den schönen Bericht. Ich freue mich sehr, in vier Wochen wieder bei Euch zu sein! Diesmal mit Dieter! Statt Schnee erwartet uns dann bestimmt Sonne pur. Hätte auch den Vorteil, dass vor dem Landeanflug in Tel Aviv kein Blitz ins Flugzeug einschlägt, die Bahnlinien nicht aufgrund der Wetterlage gesperrt sind und auch keine Gummistiefel mitreisen müssen. Ich freue mich sehr auf Euch + Toni und auf neue Entdeckungen – diesmal ohne Fischklau in der Markthalle und ohne irritierte Taxifahrer. Und endlich mit einer leckeren Fallafel… in diesem Sinne: Nach Jerusalem ist vor Jerusalem!
    Liebste Grüsse aus der Heimat von Andrea

  3. Hallo Heike,
    Vielen Dank für deinen Bericht. Nun ist es zwar noch ein ganzes Jahr hin, bis wir kommen, aber gerade die Schilderung der Jahreszeit macht viel Lust und Vorfreude. In der Süddeutschen Zeitung war ein Artikel über den Verkäufer der Kreuze, die auf der Via Dolorosa getragen werden. Laut Zeitung macht das seit Generationen eine muslimische Familie. Ein Beleg mehr für das mögliche friedliche Nebeneinander, faszinierend wie auch der gegenläufige Zug von Christen und Muslimen. Nach wunderschönen Tagen in Torrazza geht es für uns morgen wieder mit der Arbeit los, gespannt sind wir auf die Erzählungen von Tita und Aki, die wir aber noch nicht gesehen haben. Liebe Grüße von Lothar (Tina hat zeitgleich geschrieben, ich weiß aber nicht was)

  4. Hallo ihr lieben,
    Gerade sind wir wieder aus Bella italia zurück, da finden wir einen neuen interessanten Beitrag von dir. Wie schön. Toll, immer wieder von euren Erlebnissen und Eindrücken zu erfahren. Fremd und spannend, eindrucksvoll und fernwehweckend sind Fotos und Texte. Ich freu mich jetzt schon aufs nächste Frühjahr. Aber vorher sehen wir uns doch bestimmt ?!!!
    Aus Italien kommt demnächst noch ein Foto, das ich wegen fehlenden Internets nicht abschicken konnte.

    Seid ganz lieb gegrüßt und gedrückt
    Von tina

    1. Auch dir danke, liebe Tina. Zur Zeit wissen wir noch nicht, wann wir mal wieder nach Hannover kommen, aber bevor ihr zu uns kommt, bestimmt.
      Jetzt kommt ja bald erst einmal eure Tochter zum Essen zu uns:-))))), fühl dich doll gedrückt, Heike

  5. Liebe Heike,
    nun sind wir schon über eine Woche in Hannover zurück – und mein Kopf und mein Herz sind immer noch ganz voll von Eindrücken, Bildern und Fragen. Und wenn mich jemand auf diese Reise anspricht, sprudelt es nur so aus mir heraus.
    Es waren wirklich wunderbare Tage und Tage zum Wundern bei und mit euch. Dank dafür auch nochmal an dieser Stelle.
    Gil Yarons kleines Israel-Buch ist wirklich lesenswert, von Werner Sonne „Wenn ich Jerusalem vergesse“ finde ich auch empfehlenswert, und auf meinem Nachttisch liegt jetzt „Judas“ von Amos Oz. Israel beschäftigt mich bzw. uns also weiter.
    Ich habe noch nie bei einem Besuch in einem fremden Land in nur einer Woche so viel erfahren, gelesen, verstanden und eben nicht begriffen wie während dieser Woche. Zum Abschluss noch einmal das (tatsächlich ein bisschen zutreffende) Zitat von ich weiß leider nicht mehr wem: „Würde man Jerusalem überdachen, wäre es eine geschlossene Anstalt…“ (die im Übrigen auch unglaublich viel Schönheit zu bieten hat). Wir werden jedenfalls wieder kommen (trotz meiner schrecklichen Flugangst) Tita

    1. Ganz lieben Danke, Tita!
      Und ich weiß es wirklich zu beurteilen, was es bedeutet, wenn du freiwillig noch einmal diesen Flug auf dich nimmst!
      Aber ich bin mir auch sicher, dass wir dann wieder eine spannende Zeit miteinander verbringen werden.
      Habt ein sonniges Wochenende, liebste Grüße, Heike

  6. Oh, wie wunderschön…. ich hoffe, wir schaffen es bald bei Euch vorbei zu schauen… und wenn es erst im nächsten Frühling sein soll… 🙂 Liebste Grüße von Cornela + Wuppermännern + Nola

  7. Danke, liebe Heike, für die Möglichkeit, immer wieder ein bisschen an Eurem Abenteuer teilnehmen zu können. Ich gebe zu, dass mir es mir immer unheimlich bleiben wird, wenn religiöse Feiern und Rituale für die Menschen eine solche Wichtigkeit haben. Und da seid Ihr in Jerusalem natürlich im absoluten Brennpunkt.
    Das Buch „Jerusalem“ von Gil Darin habe ich schon gekauft, nun muss ich es auch noch lesen 😉
    Ab heute genießen wir nun auch den Frühling und freuen uns entsprechend auf das Wochenende.
    Lieben Gruß vom Holger

    1. Danke, lieber Holger. Und wenn du zwischendurch etwas Kurzweiliges zum Thema lesen möchtest: wunderbare kurze Storys über das Land und seine Menschen, auch von gil yaron: Israel, Party, Zwist und Klagemauer.

      Habt ein richtig schönes rühlingswochenende und liebe Grüße an Thea

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